Die Zukunft der Bundeswehr nach Afghanistan: Gesprächsabend mit der grünen Bundestagsabgeordneten Katja Keul

v.l.n.r.: Peter Olk, Cris Cybik, Nils-Christoph Fiedler, Katja Keul, Imke Hennemann-Kreikenbohm

Auf Einladung der Grünen Nenndorf trafen sich im Café Lieblingsplatz in Bad Nenndorf Interessierte zu einer Gesprächsrunde, bei der über die Zukunft der Bundeswehr mit der Bundestagsabgeordneten Katja Keul, Bündnis 90/Die Grünen gesprochen wurde. Keul ist für ihre Fraktion Sprecherin für Abrüstungspolitik und langjähriges Mitglied des Verteidigungsausschusses. Bereits dreimal habe sie das Land am Hindukusch als Abgeordnete besucht.  Als sie zuletzt 2018 dort war, sei unübersehbar gewesen, dass der Auftrag gescheitert sei. „Diese Lebenslüge hat man dann noch verlängert, kritisiert Keul. Verantwortlich seien dafür jedoch nicht die Soldatinnen und Soldaten sondern die politische Führung, die der Bundeswehr einen nicht erfüllbaren Auftrag erteilt hätte, ergänzt die Abgeordnete.

Ende April habe man die letzte Chance für einen geordneten Abzug verstreichen lassen.  Bereits zu diesem Zeitpunkt hätten Maßnahmen zur Ausreise von Ortskräften ergriffen werden müssen. Warnungen der deutschen Botschaft in Kabul und der Bundeswehr seien ungehört geblieben. Momentan warten noch bis zu 50.000 Menschen in Afghanistan auf ihre Ausreise. Allein bei der Grünen Bundestagsfraktion hätten sich seit Ende August 4.160 Hilfegesuche angesammelt, die nach den verschärften Regeln der Bundesregierung keine Aussicht mehr auf Aufnahme hätten. „Wir haben die Fälle trotzdem weiter gesammelt, um das Ausmaß der humanitären Katastrophe sichtbar zu machen. Ohne die Einrichtung von Aufnahme-Kontingenten kann die große Zahl von angestauten Fällen nicht abgebaut werden. Deshalb werden wir weiter dafür eintreten“, versprach die Grünenpolitikerin.

Unter den Anwesenden waren auch einige Bundeswehrangehörige, die fachkundige Fragen an die Politikerin hatten. Unter anderem wollte ein Zuhörer wissen, wie denn nun die Zukunft der Bundeswehr aussähe? Für sie sei klar, dass aus dem Afghanistan-Desaster Lehren gezogen werden müssen, erklärt Keul. Sie wünsche sich zukünftig mehr Ehrlichkeit für die Debatte. „Wir sind es den Opfern dieses 20 jährigen Krieges  einfach schuldig, dass wir aus unseren Fehlern lernen.“ Für die Zukunft der Bundeswehr fordert die Abgeordnete, weniger Einsätze, mehr Mandatsklarheit mit einem klar umrissenen Ziel sowie eine Exitstrategie. „Guter Wille allein hilft nicht, sondern die realistische Einschätzung der Lage und der eigenen Mittel“, ergänzt die Expertin. Im Hinblick auf die Ausrüstung der Bundeswehr forderte die Abgeordnete eine grundlegende Reform des Beschaffungswesen. 

Offene Fragen stellt sich auch im Hinblick auf die beiden Bundeswehreinsätze in Mali.  Der Ausbildungseinsatz EUTM sei nach ihrer Einschätzung so nicht länger zu verantworten. „Wir bilden dort teilweise Leute ohne Nachverfolgbarkeit aus. Spätestens seit das von uns ausgebildete Militär gegen die eigene Regierung geputscht hat ist die Strategie der Ertüchtigung auch hier gescheitert“, so Keul.

Anders verhielte es sich mit dem UN-Mandat MINUSMA, bei dem die Bundeswehr die Sicherheit der afrikanischen Blauhelme durch Aufklärung unterstützt.  Schon jetzt habe die UN Mission erhebliche Verluste zu beklagen.  Deswegen sei es schwierig jetzt auserechnet die Blauhelme im Stich zu lassen.  Die Sicherheitslage verschlechtere sich zunehmend.  Kontraproduktiv sei nach ihrer Ansicht unter anderem der Anti Terroreinsatz Frankreichs, der – ähnlich wie die Operation Enduring Freedom der Amerikaner in Afghanistan – parallel zum UN Einsatz stattfinde und zur Eskalation beitrage.  Es sei richtig und wichtig, dass sich Deutschland an diesen Anti-Terror Einsätzen nicht beteilige.

Grundsätzlich würden die Grüne eine hohe Priorität auf die Unterstützung der Vereinten Nationen und der Stärkung des Völkerrechts legen.  Für Keul sei es eine rote Linie einen völkerrechtwidrigen Einsatz ohne UN Mandat auf den Weg zu bringen.  Auf der andere Seite fordert sie, dass Deutschland nicht nur finanziell, sondern  auch personell mehr Blauhelmsoldaten zur Verfügung stellt.

Aus dem Publikum wurde sie außerdem nach der grünen Position zu Rüstungsexporten gefragt: Mit einem Rüstungsexportkontrollgesetz, deren Eckpunkte Keul gesetzt habe, hoffe sie, dass die Ausfuhr von Rüstungsgütern in Drittstaaten endlich eingedämmt wird.  Dafür brauche es jetzt aber die erforderlichen parlamentarischen Mehrheiten, appellierte die Abgeordnete und Kandidatin zum Abschluss der intensiven Debatte.