Anfrage an Schaumburger Landrat zur Industrieansiedlung im Kurort Bad Nenndorf

Anfrage der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP im Kreistag Schaumburg / Bernd Lescher | Bad Nenndorf, 18.07.2020

Anfrage zur Planung einer Industrieansiedlung im Kurort Bad Nenndorf

Sehr geehrter Herr Landrat Farr,

wie wir der Presse entnehmen konnten, plant die Stadt Bad Nenndorf in Kooperation mit dem Landkreis Schaumburg die Ansiedlung eines Industriebetriebes. Erste mündliche Informationen sind dem Vernehmen nach unter dem Schweigegebot im Nenndorfer Verwaltungsausschuss und im Kreisausschuss gegeben worden. Die betroffenen Bürger*innen Bad Nenndorfs haben bisher lediglich die Informationen aus der Presse ohne diese verifizieren zu können.


Mit dem Ziel, den Bürger*innen die nötige Transparenz in einem derart weittragenden Entscheidungsprozess geben zu können, – es heißt schutzbedürftige Liegenschaften seien plötzlich nicht mehr schutzbedürftig – bitten wir Sie, die folgenden Fragen zum Projekt zu beantworten:

  1. Welche Pflanzen- und Tierarten sind durch den Bau der Fabrik gefährdet?
  2. Welche Menge an Feinstaub wird die Luft im Kurort durch die Fabrik und die Lastkraftfahrzeuge zusätzlich belasten?
  3. Wie soll das archäologische Kulturerbe des ursprünglichen Siedlungsorts Densingehusen geschützt werden?
  4. Wie soll ein derart umfassender Eingriff in die Natur auf der begrenzten Fläche der Samtgemeinde Nenndorf kompensiert werden?
  5. Können die notwendigen Untersuchungen wie z.B. die der Umweltverträglichkeit tatsächlich durchgeführt werden, wenn ein ganzer Jahresablauf hinsichtlich Flora und Fauna zu berücksichtigen ist, der Baubeginn jedoch noch in diesem Jahr stattfinden soll?
  6. Warum findet das Verfahren bisher ohne Beteiligung der Bürgerinnen statt?
  7. Wann und in welchen Schritten sollen Bürger beteiligt werden? Wie hoch sind die zu erwartenden Gewerbesteuereinnahmen für die Gemeinde Bad Nenndorf / für den Landkreis Schaumburg?
  8. Kann die Stadt Bad Nenndorf durch die Ansiedlung von Automobilindustrie in der Gemeinde mittelfristig den Status als Kurstadt einbüßen (Verlust des “Bades”)?
  9. Welche Konsequenzen hat die Ansiedlung von Industrie und Zulieferbetrieben für den Tourismus und den Status als Erholungs- und Kurort?
  10. Welche sonstigen Kosten entstehen der Stadt Bad Nenndorf durch eine Ansiedlung der Fabrik?
  11. Wie wird sichergestellt, dass die vorzunehmenden Gutachten und Untersuchungen des geschützten Gebietes unabhängig von den Zielen des Auftraggebers durchgeführt werden?
  12. Warum wurde seinerzeit dieses Gebiet zum Schutzgebiet erklärt?
  13. Warum der Standort in Bad Nenndorf (Deisterhang / Gehrenbreite)? Warum werden nicht bereits vorhandene Industriegebiete und -gebäude in Betracht gezogen, die aktuell brachliegen (Recycling bzw. Ertüchtigung vorhandener Industriehallen)?
  14. Welche Standortuntersuchungen wurden bereits durchgeführt und mit welchem Ergebnis?
  15. Wie viele Lastkraftwagen sollen pro Tag zusätzlich durch den Kurort fahren, um Teile an- und auszuliefern?
  16. Welche Route sollen die Fahrzeuge nehmen? Könnte auf die Nutzung der LKW verzichtet werden und die An- und Auslieferungen auch per Schienenverkehr geschehen?
  17. Kann die Fabrik auch im Gewerbegebiet in der Gehrenbreite angesiedelt werden? Welche straßenbaulichen Maßnahmen wären nötig, um die Zufahrt zur Fabrik sicher zu stellen?
  18. Können die geplanten Fahrzeuge aus baulicher Sicht überhaupt die eher kurze Auffahrt zur Autobahn A2 nutzen oder ist ggf. eine Umleitung / ein Ausbau der Straßen nötig?
  19. Wie groß ist der in Rede stehende Flächenbedarf?
  20. Welche Flächen sollen ggf. durch weitere Ansiedlungen von Zulieferbetrieben in der Nähe zur geplanten Fabrik versiegelt werden?
  21. Wie soll die Fläche nach Ablauf der jetzt geplanten Nutzung genutzt werden?
  22. Ist hier auch geplant, den zukünftigen Eigentümer dazu zu verpflichten, die Flächen vollständig zu renaturieren (vgl. Kontaminierung des Harms-Geländes)?
  23. Wie viele neue Arbeitsplätze werden durch die Fabrik entstehen, die durch Schaumburger Einwohnerinnen gedeckt werden sollen?
  24. Wie viele Arbeitsplätze werden durch einen Teil der bereits vorhandenen Mitarbeiter aus Hannover gedeckt, die zu den rund 5000 Stellen gehören, die Volkswagen dort abbauen möchte?
  25. Existieren vertragliche Zusicherungen über eine fixe Mindestanzahl neu zu besetzender Arbeitsplätze?
  26. Wie hoch ist die Arbeitslosigkeit in Bad Nenndorf / Schaumburg bezogen auf die zu erwartenden, neuen Arbeitsplätze in der Fabrik?
  27. Wie langfristig sollen die geplanten Arbeitsplätze existieren?
  28. Wo in Bad Nenndorf soll zusätzlicher Wohnraum geschaffen werden? Ist es geplant weitere Flächen zu versiegeln?

Über eine zeitnahe Rückmeldung freuen wir uns. Gleichzeitig sichern wir zu, den Prozess der Bürgerbeteiligung aktiv zu begleiten.

Mit freundlichen Grüßen

Bernd Lescher

für die Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP im Kreistag